Ich, ein weisser heterosexueller Dude mit bunt lackierten Fingernägeln. Vor etwa zwei Jahren habe ich damit angefangen, erst bei Gelegenheiten wenn bei Freund*innen Lack herumlag, dann ständig, als ich eine Tasche voller Lacke ausgehändigt bekam. Wenn mich Menschen darauf ansprechen, gibts zwei Gruppen. “Wow, tolle Nägel” sagen die Einen, weniger weil ich das Handwerk des Auftragens gut ausübe, im Gegenteil, sondern einfach weil sie mich ermutigen möchten sie weiterhin lackiert zu haben. Wie ich vermute.
Die zweite Gruppe ist irritiert, fragt nach, warum ich das mache. Das finde ich meistens ganz gut, weil ich so ihren Horizont erweitern kann.
Eine Bekannte meines Vaters, eine Mittfünfziger sehr religiöse Hausfrau, sagt: “Ähm also, normalerweise traue ich mich das ja nicht, aber bei dir gehts.. also ähm… der Nagellack, heisst das, du bist …?” – “Nein”, sage ich, “ich bin nicht schwul. Ich mache das einfach, weil es mir gefällt.” Vermutlich hatte sie nie die Gelegenheit, offen für solche Gespräche ausserhalb ihres Tellerrandes zu sein und hoffe, etwas bei ihr geklärt zu haben. Schön, fühlte sie sich wohl zu fragen, etwas unbeholfen zwar, aber ehrlich und mit Vorsicht.